Obwohl ich mit ganzem Herzen
nach den Lehren der alten Rittmeister reite - wäre es gefehlt zu glauben,
dass der Hauptteil meiner Arbeit aus der Beschäftigung
mit Piaffen und Sprüngen besteht. Das ist nicht der
Fall !!
In meinem Alltag sehe ich, dass die Bedürfnisse der
Reiter oft viel bescheidener
sind : Ein Pferd, das am
Zügel, in leichter Anlehnung, in drei kontrollierten
Grundgangarten geht, ist
oft schon alles auf der Wunschliste.
Was für mich bereits
selbstverständlich ist, bedeutet für viele Reiter
einen unüberwindbaren Berg an Problemen. Das weist
auf große Lücken rund um das Allgemeinwissen
zum Pferd hin.
Die klassische Reitkunst wurde / wird
ja Gott sei Dank wieder entdeckt -auch um das Pferd
gesund und motiviert zu erhalten - aber leider hat jede
positive Entwicklung Schattenseiten: Goldmedaillen,
gutes Marketing oder iberische Pferde, sagen selten
etwas über die Qualität der Reiterei aus !!
Kandare |
Wer zbsp.scharfe Gebisse, Kandaren,
oder gar Schlaufzügel bei der Ausbildung braucht, hat nicht verstanden
wie systematische Gymnastizierung das Pferd
an
den Zügel bringt.
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Die klassischen
Seitengänge haben eine wichtige Funktion:
sie sind unser Instrument der Ausbildung. In der Reitkunst
werden die Seitengänge als versammelnde Lektionen
benutzt. Das Erlernen der Seitengänge geschieht
ohne Zwang und im Schritt. Das Pferd kann dadurch Hankenbeugung
und Balance trainieren - der Reiter sein Gefühl
für die Bewegung und die Schrittfolge des Pferdes.
Im vorbildlichen Vorwärts-Abwärts
im Trab
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Ein
bedeutender Indikator ist auch die Stirn-Nasen-Linie
des Pferdes.
Diese soll sich idealerweise eine Handbreit vor
der Senkrechten befinden (wichtig aufgrund der
Biomechanik) und maximal senkrecht sein. Das gilt
für das tiefste Vorwärts-Abwärts,
ebenso wie die höchste relative Aufrichtung. So steht es ebenfalls in den FN-Richtlinien. (Siehe FN Richtlinien Band 1)
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Relative Aufrichtung
im Trab
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Dehnungshaltung bis zum Buggelenk im Trab
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Häufig gibt es Missverständnisse
um das Thema Fleiß. Das hat zur Folge, dass ein
überhöhtes Tempo als Fleiß empfunden
wird. Ein schnell rennendes Pferd ist nicht gleich toll
fleißig.
Hohes Tempo kann auch eine Form von Entziehen sein.
Fleiß
bedeutet nicht rennen sondern, dass ein Pferd nach seinen
individuellen Gebäude- und Gangmerkmalen möglichst
weit unter den Schwerpunkt tritt oder schwingt, mit
eigenem dafür nötigem Arbeitstempo.
Versammelter Galopp
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Versammelter Galopp mit deutl. Durchschwung
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Wer sich mit der Funktion der Muskulatur und Biomechanik
auskennt weiß,
dass zu hohes Tempo genau das Gegenteil von Durchschwingen
erzeugt,
nämlich - nachgewiesenermaßen - mehr Schieben!
Vielleicht sieht so ein Tritt z.B. im Trab dann länger
aus, aber nur weil das Hinterbein nach hinten oben gezogen
wird - also vom Schwerpunkt wegtritt!
Dieses Verheizen und viel zu kurze
Aufwärmphasen sind sicherlich mit einer der Hauptgründe
für die häufigen Verletzungen am Bewegungsapparat
der Pferde. Ist die Muskulatur müde, erfüllt
sie ihren Zweck als Stossdämpfer nicht mehr. Leider
wird die tatsächliche Kraft
der Pferde viel zu hoch eingeschätzt, da sie in
der Größenrelation so viel stärker sind
als wir. Die Reiter sind nicht in der Lage zu
erkennen, wenn ihr Pferd ihnen sagt, das es nicht mehr
kann. Wenn es trotzdem weiter läuft heißt
das nicht, dass es noch Kraft hat!
Die Arbeit mit mir erfordert von den Reitern meistens ein Umdenken.
Gymnastizierung
bedeutet systematisch gezielter Aufbau der Muskeln,
in Stellung und Biegung - sowie Förderung der
Geschmeidigkeit, Symmetrie (Geraderichten) und
der Hankenbeugung.
Ein Pferd ohne Stellung
solange im Kreis laufen
zu lassen bis es müde
wird ist keine gezielte Gymnastizierung sondern
bestenfalls ein allgemeines Konditionstraining.
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Versammelter Trab |
Bevor Balletttänzer Schwanensee
tanzen, haben sie lange Jahre des Grundaufbaus hinter
sich. Natürlich könnten auch wir - untrainiert
- irgendwelche Sprünge auf Kosten von Sehnen, Bändern
und Gelenken etc., mechanisch einüben, aber sie
würden nie so voller Anmut und Leichtigkeit sein
und lediglich eine eckige Farce hervorbringen.
Auch wenn ich über die Entwicklungen
in der Turnierszene nicht glücklich bin, versuche
ich dennoch eine Brücke zwischen klassischer Reitkunst
und FN zu schlagen. Wenn man es genau nimmt, sind die
Vorlagen für die FN Richtlinien, den Richtlinien
(in Kurzform) aus der klassischen Reitkunst entnommen,
diese Kurzform sollte Kavalleriepferde ausbilden. Das
heißt auf gewisse Feinheiten wurde verzichtet
aber die notwendigsten Richtlinien sind alle aufgeführt.
Lediglich das Thema Leichtigkeit wurde in den 50ern
zu Gunsten der stetig ansteigenden Zahl von überforderten
Turnierreitern gestrichen.
Ich weiß, dass eine korrekte
Auslegung und Handhabung der wesentlichen klassischen
Leitsätze in der FN - auch im Ausbildungsalltag
auf einem Reitschul- und Zuchtbetrieb - möglich
ist. Die gesamte Bedeutung von Reiten-in-Stellung (Leichtigkeit),
relative Aufrichtung, echte Versammlung und den Sinn
der klassischen Seitengänge habe ich in Achselschwang
von Herrn Wallner gelernt und dieser leistete nicht
nur als Rittmeister und Züchter hervorragende Arbeit,
sondern auch als FN-Richter.
Ich ermuntere
alle, eigenständig nachzudenken und die Dinge zu
hinterfragen.
Glänzendes Lametta kombiniert mit Reitstil
sagt meist mehr über die Persönlichkeit eines
Reiters aus als über sein Können. Bei Turnieren
von den Anfängen bis Grand Prix werden zu 90 %
unglückliche, strampelnde und verspannte Pferde
gezeigt, die lediglich auf Grund ihrer hervorragenden
Zucht noch Gang und Bewegung zeigen.
Aber auch wir Reiter sind gewissermaßen
„Herdentiere“ und an der Harmonie der Gruppe
orientiert. Da ist es natürlich nicht leicht in
einem vielleicht engstirnigen Umfeld gegen den Strom
zu schwimmen. Man sieht in vielen Ställen bemühte
Reiter, die einen anderen Weg gehen wollen, sich aber
durch Kollegen -deren Persönlichkeitsproblematik
oft selbst erst aufgearbeitet werden müsste und
deren gesamte fachliche Kompetenz allzu oft nur darin
besteht, ein Pferd müde zu reiten - unter Druck
gesetzt fühlen.
Deshalb möchte ich hier
allen Mut machen, sich freundlich von Unwissen und Mittelmaß
zu distanzieren: ihr seid auf dem richtigen Weg, auch
wenn es mehr Zeit braucht um feines Reiten und Einfühlungsvermögen
zu schulen und zu erlernen!
Die Geduld und Arbeit wird reich belohnt werden, das
Wohl des Pferdes und der gewonnene Spaß an der
feinen Reiterei sind alle Mühen wert !